Das Scheitern
„Ich zog damals schon sehr ernst in Erwägung, meine Kredite zurückzuziehen und selbst zurückzutreten. Nur der Umstand, dass es dadurch zum vollständigen Zusammenbruch gekommen wäre, hinderte mich daran“, bekannte Kuno Grohmann. „Für mich selbst hatte ich aber entschlossen, mich so rasch als möglich von dem Unternehmen zu trennen. Das ganze Jahr 1929 brachte ich deshalb eigentlich damit zu, mit allen möglichen Persönlichkeiten und Agenten wegen Übergabe der Wiener Werkstätte an andere Interessenten zu verhandeln.“12 Um für sich einen geschäftlichen Abschluss mit der Wiener Werkstätte zu finden, bat Kuno Grohmann seinen Bruder Fritz, ihm 50.000 Schilling aus dem gemeinsamen Unternehmen der GROKO-Werke zur Verfügung zu stellen. Diese Bitte wurde ihm nicht gewährt, worauf Kuno Grohmann entsprechend eigenmächtig handelte. Für Fritz Grohmann war das ein willkommener Anlass, seinen Bruder aus der Firma zu drängen, was ihm Ende des Jahres 1930 auch gelang.
Mit der Wiener Werkstätte kam es zu einer letzten Übernahme durch neue Investoren. Damit konnte ihr drohendes Ende aber nur hinausgezögert werden. Im Oktober 1932 wurde die Liquidation der Wiener Werkstätte beim Handelsgericht Wien angezeigt. Seit seinem Eintritt in die Wiener Werkstätte fünf Jahre vorher hatte Kuno Grohmann nach eigenen Angaben zwei Millionen investiert, wobei nicht klar ist, ob es sich dabei um Tschechische Kronen oder um Österreichische Schilling gehandelt hat.
In einem Brief an seine Mutter Marie bezeichnete er sein Engagement für die Wiener Werkstätte als seinen großen Fehler. „In blindem Vertrauen“ auf seine „geschäftlichen Fähigkeiten“ habe er es sich zugetraut, „die Wiener Werkstätte, an der schon [seine] Vorgänger 20 Millionen Goldkronen verloren hatten, zu einem Geschäft zu machen.“13
Es kommt zum Familienzwist. Natürlich geht es dabei ums Geld. Kuno Grohmann, der inzwischen für eine siebenköpfige Familie zu sorgen hat, zieht sich zum Nachdenken in das Jesuitenkloster von Lainz zurück. Er entschließt sich, das „innerste Prinzip“seiner „Lebensaufgabe zu erfüllen und dadurch ein vielfach größeres Glück zu genießen, als es irgend wer durch die egoistische Befriedigung der Habsucht und Geldgier jemals kann“14: Er will für die Arbeiter des Familienunternehmens eine Eigenheimsiedlung anlegen und „in einem kleinen Haus“ seiner Kolonie „sorglos und auskömmlich leben und der Erste einer anderen Klasse sein.“15
Dieser Plan misslingt. Kuno Grohmann zieht mit seiner Familie nach Wien, erwirbt Ende 1937 das 1906 von Josef Hoffmann erbaute Haus des Schriftstellers Richard Beer-Hofmann und investiert sein letztes Geld in die Arbeiterbildung. Stets stehen seine Ansprüche über seinen Möglichkeiten: ideell, finanziell und politisch. Kuno Grohmann scheitert ein weiteres Mal. Es sollte das letzte Mal sein. Am 28. Mai 1940 erschießt er sich und hinterlässt eine Frau mit fünf Kindern.