Else Oppler (1875–1965)

Stationen eines facettenreichen Künstlerlebens von Claus Pese

Dies ist das Manuskript zu einem Vortrag, den der Verfasser am 8. Januar 2019 unter gleichem Titel im Rahmen der Vortragsreihe des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg gehalten hat.

Ihr bewegtes Leben zusammenfassend, ist es das erste Mal, dass über Else Oppler ausführlich berichtet wird. Es soll der Beginn einer weiteren Beschäftigung mit dieser Künstlerpersönlichkeit sein.

Neben vereinzelten Erwähnungen neueren Datums gibt es spätestens seit dem Frühjahr 2018 in der Internet-Enzyklopädie „Wikipedia“ einen Artikel über Else Oppler. Im Ausdruck umfasst er inklusive Anmerkungen und Literaturangaben drei Seiten.

Else Oppler war die erste von zwei Töchtern des Chemikers Dr. Theodor Oppler (1835–1909) und dessen Ehefrau Julie geborene Stern (1850–1939). Theodor Oppler war gebürtiger Breslauer, hatte in Göttingen studiert, arbeitete für einige Jahre in Berlin und ließ sich 1863 in Nürnberg nieder. Drei Jahre später gründete er in Doos – zwischen Fürth und Nürnberg gelegen – eine chemische Fabrik. 1874 heirateten Theodor Oppler und Julie Stern, die ebenso wie ihr Ehemann aus Breslau stammte. Am 21. Februar 1875 kam in Nürnberg Elsa zur Welt. Alsbald nannte man sie Else. Drei Jahre später wurde Elses Schwester Frieda (1878–1971) geboren. Damit war die Familie komplett. 1

1885 gab Theodor Oppler seine Fabrikantentätigkeit auf und wurde Leiter der Berufsgenossenschaft für die chemische Industrie mit dem Sitz in Nürnberg. Diese berufliche Veränderung beendete eine damals geradewegs ländliche Idylle, die Theodor Oppler 1876 für sich und seine Familie geschaffen hatte. Else erinnerte sich: „Wir wohnten auf dem Land in der Nähe einer grösseren [i.e. Nürnberg] und einer kleineren Stadt [i.e. Fürth]. Wir hatten keine Nachbarn ausser einem Bauern, der ein kleines Gehöft jenseits des Weges in dem tiefergelegenen Gelände bewirtschaftete. Sonst weit und breit Felder, mit Ausnahme der Fabrik meines Vaters, die sich dem sehr grossen Garten anschloss, in dem unser Wohnhaus lag.“
Für Else war dies der Abschied von „einer glücklichen Kindheit“, aber „meine Eltern fanden“, fuhr sie zu berichten fort, „daß die heranwachsenden Mädchen nicht immer weit ab von der Stadt auf dem Lande leben sollten, dass wir in einer höheren Schule unsere Ausbildung beenden sollten, und so zogen wir in die größere Stadt“ – also nach Nürnberg. Wir erfahren, wie das Leben des Kindes im Nachhinein „[…] zu allen Jahreszeiten, verwachsen mit der Natur, unbeschreiblich herrlich“ war. 2

Bis 1891 besuchte Else Oppler das Port’sche Institut in Nürnberg – eine Privatschule für „höhere Töchter“, wie das damals hieß. Danach ließ sich Else – ihrer persönlichen Neigung entsprechend – in ihrer Geburtsstadt künstlerisch ausbilden und wurde Mitglied im 1893 gegründeten „Verein Frauenwohl“. Diese Organisation mit bis zu 2.500 Mitgliedern war grundlegend und richtungsweisend für die Emanzipation der Frau in Nürnberg. Beim „Verein Frauenwohl“ ging es um mehr als nur um das Erlernen von Kochen und das Ausführen von Handarbeiten, wie es in der Vielzahl der älteren Frauenarbeitsschulen angesagt war. 3

Um 1893 wird eine Fotografie entstanden sein, auf der die Familie Oppler, um den Wohnzimmertisch versammelt, abgebildet ist.4 (Abb. 1)

Darauf erkennt man die damals vielleicht Acht-zehnjährige tief in ihre Lektüre versunken. Zwei-fellos ist das eine gestellte Aufnahme. Sie zeigt indes, wie Else Oppler fotografisch festgehalten werden wollte: still und konzentriert in ein Buch vertieft. Vielleicht bot Else Opplers Volljährigkeit im Jahre 1896 den Anlass, zu dem zwei persönliche Fotos entstanden sind, die sie en face und im Profil zeigen.

Abb. 1. Das Familienbild, um 1893 Jüdisches Museum Berlin, Inv. Nr. 2006/217/193, Schenkung von Dr. phil. Fortunatus Schnyder-Rubensohn; s.a. Anm. 1, S. 116 Abb. 42.

Man erkennt eine junge Frau von melancholisch anmutender Schönheit mit vollem dunklem Haar, großen schwarzen Augen unter dichten Augenbrauen und einem kräftigen Mund. (Abb. 2)

1898 ging die Dreiundzwanzigjährige nach München, um sich an der Privatschule von Max Dasio (1865–1954) weiter ausbilden zu lassen. Dasio war um 1900 ein gefragter Maler, Grafiker, Medailleur und Kunstpädagoge. Ebenfalls 1898 logierte Else kurzzeitig bei einer Familie in der Künstlerkolonie Dachau.6